Eine Diskussionsrunde funktioniert nur leidlich, wenn die Teilnehmer_innen mit dem Rücken zueinander sitzen. Das ist die erste Erkenntnis an diesem Nachmittag. Nachdem die um mehr Lautstärke bittende Menge mit einem freundlichen "Hören Sie mal auf, hier rumzumotzen" bereits zu Beginn in Ihre Schranken gewiesen wird, kann es losgehen.
Es sollte um Chancen für den Feminismus gehen - sowohl im Internet als auch offline. Doch die erste Chance des Nachmittags wurde, wohl aufgrund mangelnder Vorbereitung, vertan. Längst nicht alle Teilnehmer_innen des Politischen Salons waren mit dem Vokabular und den Möglichkeiten des modernen Web 2.0 vertraut. Der Begriff "Blog" wurde zu allem Überfluss auch nur recht einsilbig erklärt. "Artikel, die man kommentieren kann" gibt es auch bei großen Nachrichtenseiten wie SPIEGEL online. Und einem "Online-Tagebuch" entspricht die Masse der existierenden Blogs auch nur bedingt. Worüber gebloggt wird, wie ein Blog funktioniert, was die Möglichkeiten sind und wo die Grenzen liegen - das alles wurde nicht verraten. Zu sehr wurde das nötige Wissen bei den Anwesenden vorausgesetzt.
So verspielten die jungen Feministinnen, die sich in Blogs wie Mädchenmannschaft oder dem Mädchenblog austoben, die Möglichkeit, den Anschluss an ihre Vorgängerinnen zu knüpfen. Diese Kritik äußerte die Journalistin Heide Oestreich (taz), die die Versuche der jungen Bloggerinnen, feministische Themen aufzugreifen, jedoch durchaus lobte. Ihr fehlte jedoch die Auseinandersetzung mit bestehendem theoretischen Wissen, beispielsweise aus dem Feld der Gender Studies, sowie die Vernetzung mit bestehenden "offline"-Netzwerken.
Genau an diesem Punkt liegt die Chance, die bislang noch nicht ergriffen wurde: Die "jungen" Feministinnen greifen Missstände auf, die schon Generationen vorher diskutiert haben. Dadurch, dass sie aber Medien nutzen, die älteren Generationen geradezu fremd sind, können sie diese mit ihren Veröffentlichungen nicht erreichen. Es müssen also Generationen übergreifende Netzwerke geschaffen werden, die einen breiten Austausch ermöglichen. Das "Wissen" älterer Feministinnen gepaart mit der Motivation und den neuen Ideen junger Aktivistinnen könnte den Feminismus des 21. Jahrhunderts erheblich voranbringen. Der Politische Salon im Rahmen des Gender Happenings zeigte jedoch, dass für solche Vorhaben noch ein erhebliches Maß an Arbeit nötig sein wird.
Ein erster Schritt ist ein ausführlicher Web 2.0 Workshop, der auch älteren Aktivist_innen, für die der Zugang zum Internet nicht selbstverständlich ist, Blogs, Kommentarfunktionen und auch Chi-Chi wie Twitter näherbringen kann. Ein solcher wurde auch im Rahmen des Happenings angeboten. Die Reaktionen aus dem Publikum lassen jedoch vermuten, dass aus dem Plenum niemand teilgenommen hat. Ich bitte daher nur um Eines: Mehr davon.
ich denke, dass auch die wissenschaftler_innen der gender studies biher ebenfalls die chance vertan haben, um den kontakt mit den blogger_innen aufzunehmen. es gab bisher wenige reaktionen aus den akademien und die meisten waren nicht besonders wohlwollend und zum dialog auffordernd, sondern waren von abgrenzungen und belehrungen gekennzeichnet.
"Ein erster Schritt ist ein ausführlicher Web 2.0 Workshop, der auch älteren Aktivist_innen, für die der Zugang zum Internet nicht selbstverständlich ist, Blogs, Kommentarfunktionen und auch Chi-Chi wie Twitter näherbringen kann. Ein solcher wurde auch im Rahmen des Happenings angeboten. Die Reaktionen aus dem Publikum lassen jedoch vermuten, dass aus dem Plenum niemand teilgenommen hat. Ich bitte daher nur um Eines: Mehr davon."
die podiumsdiskussion fand leider zur gleichen zeit statt, wie der gut besuchte workshop zum web2.0.
auf den workshop zum web2.0 und die gleichzeitig laufende diskussion zu online/offline-feminismen