Was ein Frauenmagazin ist, wird vom Markt ziemlich genau definiert: Es geht um Diäten, Schönheit, (Hetero-)Sexualität und Celebrities. Während sich manche Titel, wie die Brigitte, schon seit Jahrzehnten erfolgreich auf dem Markt halten, dümpeln andere seit ihrer Erstveröffentlichung am Ende der Auflagenskala herum und verschwinden schnell wieder.
Die Medienmacherinnen auf dem Podium haben sich bewusst für einen anderen Weg entschieden. Mit ihren (Frauen-)Magazinen möchten sie sich vom Mainstream abgrenzen und drängen sich somit selbst in eine Nische, die mit unendlich vielen Klischees beladen ist und die die Produktion dieser alternativen Magazine nicht unbedingt erleichtern.
Das größte Problem stellt dabei wohl die Finanzierung dar. Sowohl Gudrun Fertig (Online-Chefredakteurin des L.mag) als auch Chris Köver (Mitbegründerin des Missy-Magazine) sehen sich mit der Problematik konfrontiert, dass klassische Marken in Magazinen mit einer nicht rein heterosexuellen Ausrichtung keine Werbung platzieren möchten. Gleichzeitig ist auch nicht jede Werbung erwünscht. Sharon Adler von AVIVA-Berlin hat auch schon Werbekund_innen abgelehnt, die nicht in das Konzept ihres Online-Magazins passten. Sineb El Masrar sieht sich mit dem von ihr gegründeten Magazin Gazelle einer anderen Problematik gegenüber: Migrantinnen leben in der Vorstellung von Marketingverantwortlichen in Frauenhäusern, sprechen nur gebrochen Deutsch und verfügen nicht über das nötige Einkommen, um sich ein "Luxusprodukt" wie das Hochglanzmagazin Gazelle leisten zu können. Dass die Realität durchaus anders aussieht, zeigt die mittlerweile fünfte Ausgabe, die Sineb El Masrar mit ihrem 20-köpfigen Team kürzlich produzierte.
Konsens herrschte im weitesten Sinne auch bei der Frage nach der Aufmachung. Die Diskutantinnen zeigten sich gelangweilt vom Cover-Einerlei, das auf dem Markt herrscht: DAS Cover-Girl der Stunde ist blond und maximal 18 Jahre alt - unerheblich, welche Zielgruppe das jeweilige Magazin eigentlich verfolgt. Eine ansprechende Cover-Gestaltung ist jedoch auch für die Macherinnen von Nischen-Magazinen notwendig, denn im Laden wird nur das gekauft, was sofort anspricht. Hochwertige Titelbilder sind daher unerlässlich - das Missy-Magazine verzichtet jedoch auf aufwändige Retuschen und zeigt auf ihrem aktuellen Titel die "schmerzbefreite" Künstlerin Peaches, der man ihre 40 Jahre trotz angeblicher Falten nicht unbedingt ansieht. Auch die Gazelle titelt ungewöhnlich - unverständlich angesichts des ansprechenden Covers, welches eine Dunkelhäutige zeigt. Doch rothaarige oder eben dunkelhäutige Models gelten als Verkaufsgift. Das L.Mag bleibt sich seiner Linie treu: Auf den Titel kommen jene Frauen, die sich um die Szene verdient gemacht haben und/oder prominente Lesben sind. Kein Wunder also, dass das aktuelle Cover Beth Ditto, neue Stilikone und Sängerin der aufstrebenden Band The Gossip, zeigt.
Grundsätzlich herrschte auf dem Podium eine selige Einigkeit. Trotz der Vielfältigkeit der vorgestellten Projekte zeigt sich, dass Frauenmagazine abseits des Mainstreams alle mit ähnlichen Problemen zu kämpfen haben. Es ist bewundernswert, dass die Macherinnen dennoch allen Widrigkeiten trotzen - und das mitunter schon seit Jahren.
Aufgenommen: Jul 12, 12:46