Einführungsvortrag: Was bringt uns genderpolitisch weiter?
Renate Künast, Fraktionschefin der Grünen im Bundestag, durfte den Auftakt zum Gender Happening machen: Vor etwa 100 Zuhörer_innen sprach sie über ihre feministischen Anfänge, die Forderungen von vor 30 Jahren und von heute - und erdete damit gleich den Diskurs: Für sie bedeutet "Gender" keine Utopie, in der Geschlecht als Kategorie abgeschafft wird, sondern ist ein Kampf um die Gleichstellung der beiden Geschlechter, eine Erweiterung des Feminismus.
Montag, 6. Juli 2009
Was bringt uns genderpolitisch weiter? - mit Renate Künast
"Renate, du brauchst dich gar nicht mehr hinzusetzen", sagte Barbara Unmüßig, Chefin der Böll-Stiftung, als Renate Künast mitten in ihrer Ansage in den Konferenzsaal kam und Anstalten machte, sich in der ersten Reihe niederzulassen. Tat sie aber doch, und zu Recht: Die Begrüßung dauerte dann doch, Künast war AL-Gründerin in Westberlin, Lokalpolitikerin, Ministerin unter Schröder, ist jetzt Fraktionschefin und Spitzenkandidatin.
Renate Künast sprach dann über ihre feministischen Vorbilder in der Politik (Annemarie Renger nee, Hildegard Hamm-Brücher schon eher: "die brannte für etwas ;), die Unterscheidung von "altem" und "neuem" Feminismus, dass heute die Ziele eben nicht mehr so leicht zu definieren seien wie vor 30 Jahren noch. Die zählte sie dann doch auf: eine Gesellschaft ohne Zwänge, mehr Männer in der Küche, mehr Frauen in Aufsichtsräten, Vorschriften analog zur norwegischen Regelung, dass 40% der Mitglieder eines Aufsichtsrats Frauen sein müssen (oder Männer, auch Frauen sollten keine krasse Mehrheit haben). "Homogene Führungsetagen sind kontraproduktiv
und haben uns in eine Krise geführt.
Künast sprach darüber, wie schwierig es trotz allem noch in der Politik sei für Frauen, gleiches Verhalten käme bei Männern als führungsstark, bei Frauen als affig rüber, Frauen zögen sich sicherheitshalber auch Hosenanzüge an, mit einzelnen Jackett-Farbtupfern - wobei Männer problemlos mit drei verschiedenen Anzügen durch die Karriere kämen, Frauen bekämen schnell Emails, dass sie schon wieder das Gleiche angehabt hätten. - Die Wahrnehmung sei eben noch das Problem, Politiker_innen fielen schnell in alte Muster, aber genauso klischeebeladen sei die Darstellung in den Medien.
Schließlich schwärmte Renate Künast noch vom "Neuen Grünen Gesellschaftsvertrag", der sich aber nicht nur mit Wirtschaft und Klima beschäftige, sondern auch mit Geschlechtern: Familienstrukturen, Verantwortungsübernahme füreinander, Abbau von Diskriminierungen
aufgrund sexueller Orientiertung. Künast hofft, eine Diskussion anzuregen, um so gesellschaftlichen Fortschritt zu erreichen. Um das Diskutieren ging es viel. Ein neuer Begriff von Familie etwa, der nicht auf dem Trauschein, sondern auf der Übernahme von Verpflichtungen füreinander basiert (auch "Wahlverwandschaften" genant), sollte nur "diskutiert" werden, nicht etwa "durchgesetzt". Und Kindergärtnerinnen (sic) sollten "eigentlich" so gut bezahlt werden sollten wie Gymnasiallehrer (sic).
"Gender" ist für Renate Künast vor allem eine Erweiterung des Feminismus: "'Gender' bringt eine neue Leichtigkeit, so dass nicht mehr nur Frauen diskutieren, sondern auch Männer mit dabei sind". Wobei die Frauen im Konferenzsaal weitestgehend unter sich blieben: Unter den etwa 100 Anwesenden Zuhörer_innen bewegte sich die Zahl der als männlich identifizierten Menschen im einstelligen Bereich. Und als potenzielles Vorbild für genderpolitisch bewegte Menschen musste Jürgen Trittin herhalten: "Ich werd mal mit Jürgen drüber reden", sagte Renate Künast und formulierte ihren Vorschlag: "Ich geh zum Vorstand von Daimler, Jürgen hält die frauenpolitische Rede, äh, genderpolitische Rede."
Aber steckt noch mehr hinter "Gender"? Das wird das Gender Happening noch zeigen. Realpolitisch gesehen muss diese Frage jedoch verneint werden.
Renate Künast sprach dann über ihre feministischen Vorbilder in der Politik (Annemarie Renger nee, Hildegard Hamm-Brücher schon eher: "die brannte für etwas ;), die Unterscheidung von "altem" und "neuem" Feminismus, dass heute die Ziele eben nicht mehr so leicht zu definieren seien wie vor 30 Jahren noch. Die zählte sie dann doch auf: eine Gesellschaft ohne Zwänge, mehr Männer in der Küche, mehr Frauen in Aufsichtsräten, Vorschriften analog zur norwegischen Regelung, dass 40% der Mitglieder eines Aufsichtsrats Frauen sein müssen (oder Männer, auch Frauen sollten keine krasse Mehrheit haben). "Homogene Führungsetagen sind kontraproduktiv
und haben uns in eine Krise geführt.
Künast sprach darüber, wie schwierig es trotz allem noch in der Politik sei für Frauen, gleiches Verhalten käme bei Männern als führungsstark, bei Frauen als affig rüber, Frauen zögen sich sicherheitshalber auch Hosenanzüge an, mit einzelnen Jackett-Farbtupfern - wobei Männer problemlos mit drei verschiedenen Anzügen durch die Karriere kämen, Frauen bekämen schnell Emails, dass sie schon wieder das Gleiche angehabt hätten. - Die Wahrnehmung sei eben noch das Problem, Politiker_innen fielen schnell in alte Muster, aber genauso klischeebeladen sei die Darstellung in den Medien.
Schließlich schwärmte Renate Künast noch vom "Neuen Grünen Gesellschaftsvertrag", der sich aber nicht nur mit Wirtschaft und Klima beschäftige, sondern auch mit Geschlechtern: Familienstrukturen, Verantwortungsübernahme füreinander, Abbau von Diskriminierungen
aufgrund sexueller Orientiertung. Künast hofft, eine Diskussion anzuregen, um so gesellschaftlichen Fortschritt zu erreichen. Um das Diskutieren ging es viel. Ein neuer Begriff von Familie etwa, der nicht auf dem Trauschein, sondern auf der Übernahme von Verpflichtungen füreinander basiert (auch "Wahlverwandschaften" genant), sollte nur "diskutiert" werden, nicht etwa "durchgesetzt". Und Kindergärtnerinnen (sic) sollten "eigentlich" so gut bezahlt werden sollten wie Gymnasiallehrer (sic).
"Gender" ist für Renate Künast vor allem eine Erweiterung des Feminismus: "'Gender' bringt eine neue Leichtigkeit, so dass nicht mehr nur Frauen diskutieren, sondern auch Männer mit dabei sind". Wobei die Frauen im Konferenzsaal weitestgehend unter sich blieben: Unter den etwa 100 Anwesenden Zuhörer_innen bewegte sich die Zahl der als männlich identifizierten Menschen im einstelligen Bereich. Und als potenzielles Vorbild für genderpolitisch bewegte Menschen musste Jürgen Trittin herhalten: "Ich werd mal mit Jürgen drüber reden", sagte Renate Künast und formulierte ihren Vorschlag: "Ich geh zum Vorstand von Daimler, Jürgen hält die frauenpolitische Rede, äh, genderpolitische Rede."
Aber steckt noch mehr hinter "Gender"? Das wird das Gender Happening noch zeigen. Realpolitisch gesehen muss diese Frage jedoch verneint werden.
Geschrieben von Malte Göbel
in Diskussionen, Gender Happening
um
14:40
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Tags für diesen Artikel: Diskussionen, feminismus, frauen, gender, gender happening, love me gender, männer, politik
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