Samstag, 11. Juli 2009
Wir danken _innen!
DankesredeAbschluss.mp3
Gender is happening - are you in?
Eine Woche Gender is Happening. Es geht um Ein- und Ausschlüsse, die aus Geschlechterkategorien und -zuschreibungen heraus tagtäglich passieren, und Chancen, sie zu unterwandern. Darüber eine Woche lang zu diskutieren, ist gut. Doch wie sieht es eigentlich mit Ein- und Ausschlüssen bei Gender is happening selbst aus? Eine überflüssige Frage, weil wir uns doch alle solcher Mechanismen bewusst sind? Ich glaube nicht.
Workshops, die gerade eigene Erfahrungen der Teilnehmer_innen thematisieren wollen und von daher als solche nicht so hoch angesiedelt sind wie die Vorträge von Expert_innen, bilden sich schon in den Vorstellungsrunden als homogene Gruppen. Scheinbar sind "wir" alle werdende Jungakademiker_innen, sitzen gerade an unserer Diplom-, Magister-, Master-Arbeit oder Dissertation, haben alle "schon viel zu Gender gearbeitet" und beschäftigen uns in unserer Abschlussarbeit nun mit "der Anwendung postdekonstruktivistischer Gendertheorien in Bezug auf xy am Beispiel der xz". Damit auch alle merken, dass wir schon "richtig drin" sind im Thema, geben wir ausführlichen Einblick in unsere Arbeit, zeigen aber natürlich auch, dass wir sehr reflektiert sind und uns nun von dem Workshop-Thema, zu dem wir bisher dann doch eher nur "marginal gearbeitet" haben, "neue Impulse", persönlich und für die eigene Arbeit, erhoffen. Wer keinen universitären Hintergrund hat, wird sich hier schon langsam unwohl fühlen, spätestens aber dann, wenn es ans Diskutieren geht: Denn wir reden selbstverständlich in unseren Fachjargons, die wir uns angeeignet haben, klar, die wollen wir ja auch mal anwenden, oder nicht? So schwimmen wir in unseren eigenen Diskurstümpeln, die wir kennen und die wir nicht verlassen wollen.
Aber warum eigentlich? Vom Gunda-Werner-Institut selbst wurde die Veranstaltung nicht als so hochschwellig kreiert. Was bringt uns dann dazu, zu denken, uns derart beweisen zu müssen?
Die Bemerkung einer Teilnehmerin, "Für Leute ohne Uni-Abschluss ist das hier irgendwie nichts", könnte vielleicht als Anregung dienen, zugunsten einer breiteren Diskussion den Ball einfach auch mal flacher zu halten.
Und noch auf einer weiteren Ebene kann man dazugehören oder eben nicht. Manchmal scheint es mir, als entstehe eine Dynamik unter den (jüngeren) Teilnehmer_innen, die ein Selbstverständnis kreiert, dass jede_r hier auf jeden Fall queer, vegan und links-alternativ bis -radikal ist und auch in diesen Szenen aktivistisch unterwegs ist. Der Beigeschmack des ein oder anderen Dogmatismus bleibt bei mir zurück. Andere Selbstverortungen (womit ich nicht etwa homophobe oder rechtsextreme meine, das sollte klar sein), erfordern in diesem Kontext Mut. Auch dies sind Dominanzen und Machtmechanismen, die es in meinen Augen zu hinterfragen gilt.
statt elaboriert_conditional selbst verballhornt_kurz und knapp zum abschluss
Mit dem bedingungslosen Grundeinkommen wüchse "Beschäftigten"
die Option eines frei schaffenden Lebens und Verhandlungsmacht zu.
Für "Langzeit-Arbeitslose" wäre ein entstigmatisiertes Sein und Tun ~
Handeln ermöglicht.
Und und und.
Global muß es sein. Doch starten muss ein Diskurs zu
parlamentarischer Durchsetzung (BT-EP-UN_) lokal.
so long
tank yo
for the happening
and tschö
F
Hilft alles nix - last day - last chance …
… auch wenn es noch so sehr anders gewollt werden würde - es IST, wie es ist - und wird, wie es wird ...
abqueer peer
ABqueer bietet Aufklärung und Beratung für Jugendliche. Vier peer educators demonstrierten am Donnerstag, wie sie, mit einer deutlich jüngeren Zielgruppe als die 18-48-jährigen Workshop-TeilnehmerInnen, interaktive Aufklärungsarbeit an Schulen leisten. Es ist ein sogenannter peer-Ansatz, weil es um Jugendliche geht -d.h., Leuten unter 27-, die mit Kindern und Jugendlichen arbeiten, und die aus ihrer eigenen LBGTQI-Identität heraus von der gesellschaftlichen Norm abweichende sexuelle Identitäten vorstellen. (LBGTQI= lesbisch, Bi-, gay, transsexuell, queer und in-between) Besonders eindrucksvoll war die Privilegiertengalerie: 50 Zettel an einer Wand; jeder Zettel mit ein, zwei Sätzen, in der Art von: Niemand möchte meinen Personalausweis sehen, um meine Aussage zu meinem Geschlecht zu überprüfen. Oder: Ich finde bei öffentlichen Veranstaltungen mühelos eine Toilette, bei deren Besuch ich kein Aufsehen errege. Oder: Ich bekomme bei meiner Bank Kredit zu gleichen Beträgen und Konditionen wie Menschen anderer sexueller Identität. Und: Menschen, denen ich zum ersten Mal begegne, stellen mir keine Fragen zum Vorhandensein oder Aussehen meiner Geschlechtsorgane. (Sätze aus dem Gedächtnis zitiert, Abweichungen vom Original möglich.) Menschen, die sich nie mit dem Thema sexueller Identität befasst haben, wird bei der Lektüre der Zettel bewusst, wie tief und weit gesellschaftliche Diskrimination reicht. Viele waren ganz schön baff.
Willkommen in der Nische
Die Medienmacherinnen auf dem Podium haben sich bewusst für einen anderen Weg entschieden. Mit ihren (Frauen-)Magazinen möchten sie sich vom Mainstream abgrenzen und drängen sich somit selbst in eine Nische, die mit unendlich vielen Klischees beladen ist und die die Produktion dieser alternativen Magazine nicht unbedingt erleichtern.
Das größte Problem stellt dabei wohl die Finanzierung dar. Sowohl Gudrun Fertig (Online-Chefredakteurin des L.mag) als auch Chris Köver (Mitbegründerin des Missy-Magazine) sehen sich mit der Problematik konfrontiert, dass klassische Marken in Magazinen mit einer nicht rein heterosexuellen Ausrichtung keine Werbung platzieren möchten. Gleichzeitig ist auch nicht jede Werbung erwünscht. Sharon Adler von AVIVA-Berlin hat auch schon Werbekund_innen abgelehnt, die nicht in das Konzept ihres Online-Magazins passten. Sineb El Masrar sieht sich mit dem von ihr gegründeten Magazin Gazelle einer anderen Problematik gegenüber: Migrantinnen leben in der Vorstellung von Marketingverantwortlichen in Frauenhäusern, sprechen nur gebrochen Deutsch und verfügen nicht über das nötige Einkommen, um sich ein "Luxusprodukt" wie das Hochglanzmagazin Gazelle leisten zu können. Dass die Realität durchaus anders aussieht, zeigt die mittlerweile fünfte Ausgabe, die Sineb El Masrar mit ihrem 20-köpfigen Team kürzlich produzierte.
Konsens herrschte im weitesten Sinne auch bei der Frage nach der Aufmachung. Die Diskutantinnen zeigten sich gelangweilt vom Cover-Einerlei, das auf dem Markt herrscht: DAS Cover-Girl der Stunde ist blond und maximal 18 Jahre alt - unerheblich, welche Zielgruppe das jeweilige Magazin eigentlich verfolgt. Eine ansprechende Cover-Gestaltung ist jedoch auch für die Macherinnen von Nischen-Magazinen notwendig, denn im Laden wird nur das gekauft, was sofort anspricht. Hochwertige Titelbilder sind daher unerlässlich - das Missy-Magazine verzichtet jedoch auf aufwändige Retuschen und zeigt auf ihrem aktuellen Titel die "schmerzbefreite" Künstlerin Peaches, der man ihre 40 Jahre trotz angeblicher Falten nicht unbedingt ansieht. Auch die Gazelle titelt ungewöhnlich - unverständlich angesichts des ansprechenden Covers, welches eine Dunkelhäutige zeigt. Doch rothaarige oder eben dunkelhäutige Models gelten als Verkaufsgift. Das L.Mag bleibt sich seiner Linie treu: Auf den Titel kommen jene Frauen, die sich um die Szene verdient gemacht haben und/oder prominente Lesben sind. Kein Wunder also, dass das aktuelle Cover Beth Ditto, neue Stilikone und Sängerin der aufstrebenden Band The Gossip, zeigt.
Grundsätzlich herrschte auf dem Podium eine selige Einigkeit. Trotz der Vielfältigkeit der vorgestellten Projekte zeigt sich, dass Frauenmagazine abseits des Mainstreams alle mit ähnlichen Problemen zu kämpfen haben. Es ist bewundernswert, dass die Macherinnen dennoch allen Widrigkeiten trotzen - und das mitunter schon seit Jahren.