Der Workshop zur Umsetzung der UN-Resolution 1325 im Kaukasus beginnt am Morgen des zweiten Tages der Konferenz mit der Frage: Where are the woman?
Marina Grasse und Edgar Khachatryan, beide vom Internationalen Netzwerk Friedenserziehung stellen das seit 2009 umgesetzte Projekt OMNIBUS 1325 zur Anwendung der UN-Resolution 1325, vor. Hier wird friedenspädagogische und dialogbasierte Arbeit von Frauen und Männern in der von zahlreichen ethnischen Konflikten betroffenen Region des Kaukasus geleistet.
20 Menschen engagieren sich in der Kaukasusregion im kaukasisch-deutschen Netzwerk - unter ihnen sechs Männer. Zehn Aktivist_innen werden exemplarisch vorgestellt und schnell wird deutlich, dass ihre Initiative in der Friedenskonsolidierung auf komplexen Beweggründen und oft aus persönlicher Betroffenheit resultiert: Ina aus Grosny verlor ihre Familie im Tschetschenien-Krieg; Sergej engagiert sich seit der Geiselnahme in der Beslaner Schule (2004), in der Teile seiner Familie involviert waren;Valentina engagiert sich im soldiers mother movement.
Schnell tauchen Fragen nach Geschlechterstereotypen auf und werden anhand prägnanter Beispiele beantwortet: So können sich zum Beispiel Männer aufgrund ökonomischer Krisen in der Kaukasusregion nicht mehr als bread-winner betätigen, verstehen sich aber gleichwohl weiterhin als solche. Auch finden in der militärisch organisierten Gesellschaft nationalistische Ideen eine Heimat - in deren Folge es Männer oftmals zur Armee zieht, da ihnen dort der Erwerb von Heldentum suggeriert wird. Beispiele von aus den Konditionen ihrer angewachsenen Rolle herauskatapultierten Männern zeigen sich zuhauf an diesem Wochenende: Die überproportionale Zunahme von Eintritten in die Armee oder von häuslicher Gewalt als Ventil oder Bewältigungsmechanismen des intra- wie intersubjektiven Rollenkonfliktes werden wiederholt genannt.
Einige der Ziele des Omnibusses 1325 sind die Transformation von Genderrollen, die Ermöglichung des und das Interesse an der Aktivität von Frauen und die dialogische Auseinandersetzung mit Aktivist_innen und Betroffenen auf Augenhöhe. Das Netzwerk versteht sich als network of people – und dies ist als grundlegender Ansatz zu verstehen. Es ist keines, das sich auf die strikte Umsetzung von Resolutionen in Dauer-Meetings von Institutionen - die Kritik an der Arbeit (einiger) im Kaukasus vertretener, aber in diesem Zusammenhang nicht namentlich spezifizierter, NGOs ist sehr prägnant – sondern auf die Integration gleichberechtigter Menschen vor Ort versteht, deren eigene Perspektiven gehört werden und gleichzeitig Basis der Arbeit sind.
Der Titel Omnibus ist als symbolisches Vehikel der langen Reise zur Umsetzung und Implementierung der UN-Resolution 1325 gewählt: Das Projekt Omnibus, lat. „für alle“, ist als genausolches zu verstehen und ruft damit namentlich bereits zur Partizipation auf: Jedwede Person kennt ihn und kann ihn nutzen, es gibt ein klares Ziel mit einigen oder vielen Detailetappen, man kann eine Weile mitfahren – und es dauert eine Weile bis der Zielort erreicht wird.