„Teilzeitarbeit“ – hört sich erst einmal gut an, wenn das mittlere Alter erreicht wurde, die Arbeit sich als schwieriger erweist und Freizeit so oder so schöner schmeckt. Das gilt zunächst für alle Geschlechter. Doch das mit Teilzeitarbeit ganz andere Problemzonen aufgedeckt werden, gerade bei den männlichen Arbeitnehmern, wird oftmals einfach überlesen und verschwiegen. Vorab muss die fälschliche Wahrnehmung von Teilzeitarbeit erst einmal gerade gerückt werden, denn, und das scheint wahrscheinlich das einzige Positive, Teilzeitarbeit bedeutet nicht bloß 50% von einem 100%-Normalarbeitsverhältnis zu arbeiten, sondern beinhaltet alle Beschäftigungsgrade bis unter 100%.
Aber zurück zum Thema und mal Hand aufs Herz. Wie viele Teilzeit-Männer kennen Sie? Also jene, die sich freiwillig dafür entschieden von einer Volltagstelle nur der Familie, des Selbstwertgefühls, etc. wegen auf Teilzeit zu reduzieren? Genau darin liegt das Problem – in Deutschland arbeiten nur 5,6% der Männer Teilzeitarbeit (Stand 2010 StBA). Wieso eigentlich? Denn Teilzeitarbeit birgt doch so viele Vorteile wie bspw. die Verwirklichung eines Traums, mehr Freizeit, mehr familiäre Stunden und eine perfekte Work-Life-Balance. Das fundamentale Problem von Männern und Teilzeitarbeit aber tritt erst mit der öffentlichen Äußerung des Teilzeitwunsches auf, denn laut Mandy Hermanns, ergab sich ihrer Studie zufolge, dass zwar 83% der Männer der Teilzeitarbeit positiv gegenüberstehen und sich 48,28% der (noch) Vollzeitmänner Teilzeitarbeit sogar für familiäre Angelegenheiten, Kreativpausen, Weiterbildungen und Freizeit wünschen. Weiter aber führt sie fort, dass die Mehrheit der Männer genau das Gegenteil, also den Übergang in Teilzeitarbeit, wirklich umsetzen. Doch wieso so schüchtern gegenüber einer Chance, die Frauen keine Probleme bereitet? Warum in einem Wunsch-Realitätsdilemma aushadern? Die Motive der Segregationsgruppe „Teilzeitmann“ sind unterschiedlich. Die Frankfurter Allgemeine betitelt Teilzeit-Männer als „Generation Weichei“, die nicht das gesellschaftlich akzeptierte Optimum des Familienernährers und den Mann als starkes Alpha-Tier in der Gesellschaft repräsentieren. Und weiter: „Ein Mann, der nicht zu 100% arbeitet ist kein Vollmitglied dieser Gesellschaft und steht auf gleicher Ebene eines Arbeitslosen“, berichtete ein Vollzeit-Mann anonym. Und dabei liegen beide ersteren nicht falsch: Ein teilzeitarbeitender Mann genießt nicht nur gesellschaftlich sondern auch psychologisch nicht das gleiche Ansehen wie ein Vollzeit-Mann. Schon Bourdieu, Connell und Dr. Anna Buschberger veröffentlichen in ihren soziologischen Untersuchungen, dass mit Männlichkeit Eigenschaften wie Heterosexualität, körperliche Stärke aber eben auch ein Volltagsjob in Verbindung gebracht werden. Dabei steht die Arbeit so sehr im gesellschaftlichen und männlichen Mittelpunkt, dass die männliche Identität sich mit Erwerbsarbeit identifiziert – so reden die meisten Männer auch nach Feierabend weiterhin gerne vom Berufsleben und selbst der Smalltalk kann schnell wie ein Vorstellungsgespräch klingen. Doch auch die Angst vor finanziellen Einbußen aktuell und rentenorientiert (60,6%), die schlechteren Karriere- und Aufstiegschancen (88,5%) sowie die gesellschaftliche Geringschätzung und das Weniger-Sein vor Freunden und Bekannten scheinen immer noch ein ausschlaggebendes Argument für das Ablehnen von Teilzeitarbeit zu sein. Wird man dem Schema eines Vollzeitmannes also nicht gerecht gilt man als halbe Portion, ja gar als weich und damit unmännlich. Das Ergebnis: das Selbstwertgefühl von Teilzeitmännern sinkt und die Einnahme von Antidepressiva steigt auf 53% mehr Dosierungen als bei Vollzeitangestellten. Während das Teilzeitmodell bei Frauen gesellschaftlich akzeptiert wird, ist der flexible Mann wohl immer noch Wunschdenken von den Männern, die den Schritt und dessen Hürden in die
Teilzeitarbeit bereits geschafft haben.
Ist es deshalb vielleicht die Aufgabe der (selbsternannten) modernen Gesellschaft, die Sozialisationsfrage von Männern und Frauen neu zu definieren und in die häusliche und institutionelle Erziehung mit einzubinden?

Ihre Studienschwerpunkte richteten sich auf den Bereichen für die sie sich heute einsetzt: Männlichkeiten, Feminismus und soziale Ungleichheit.
Seit 2013 schreibt sie neben dem Beruf für diverse Portale und Zeitungen.