von Franca M'hamdi
Der dritte und letzte Teil der Tagung „Schneewittchen rechnet ab“ hatte den Themenschwerpunkt „Vernetzen / Verarbeiten / Alternativen entstehen lassen“. Die Form des Open Space wurde gewählt, um im Anschluss an die Ausführungen der Expert_innen Raum für die Ideen und Kompetenzen der Teilnehmenden zu schaffen. Auch eventuelles Unbehagen sollte hier einen Platz finden. An diesem Punkt konnten eigene Themenvorschläge gemacht werden, um dann mit der Hilfe anderer Interessierter die Umsetzung der eigenen Projektideen zu planen.
Die Moderatorin stellte Open Space als eine Methode vor, die auf dem Konsensprinzip beruht. Durch die Struktur eines Hierarchie-freien Raums sollen die Mechanismen des patriarchalen Kapitalismus ausgehebelt werden, die Art der Teilnahme war den Einzelnen freigestellt. Sie konnten sich aussuchen, ob sie nach dem „Schmetterlingsprinzip“ nur kurz bei einem Projekt reinschauen, weiterziehen und dann nochmal wiederkommen oder nach dem „Hummelprinzip“ mit dem Inhalt des einen zum nächsten gehen wollten, um so eine inhaltliche Verbindung zwischen den Projekten zu schaffen. Als Strukturierungshilfe wurde festgelegt, dass auf einen Input eine kurze Vorstellung, das Notieren der Projektidee und die Verwaltung der jeweiligen Projektplanung folgen sollten. Im Anschluss an den Open Space fand ein Rundgang statt, an dem die ausgearbeiteten Projektideen den anderen vorgestellt wurden.
Es formierten sich sechs Themenschwerpunkte:
1) Feministischer Blick auf das Bedingungslose Grundeinkommen
2) Anders leben, arbeiten und konsumieren - was ist der Maßstab für gute Arbeit?
3) Umverteilung auf Mikroebene am Beispiel lesbischer Umverteilungskonten
4) Krise und Proteste. Die Eurokrise am Beispiel Griechenland, Spaniens und Portugal
5) Planung eines Frauendorfs
6) Tagungskonzeption: (De)koloniales Setting und feministisches Selbstverständnis
Ich habe die Gruppe mit dem Themenschwerpunkt (De)koloniales Setting und feministisches Selbstverständnis begleitet und die erarbeiteten Lösungsansätze dokumentiert. In einer sehr gemischten Gruppe wurde herausgearbeitet, was die Problematik dabei ist, wenn ein weißes Wirtschaftssystem anhand eines weiteren weißen Systems wie dem weißen Feminismus kritisiert wird, ohne dass beide im Hinblick auf ihre Positioniertheit reflektiert werden. So seien verschiedene globale Arbeitsformen zum ersten Mal auf der Podiumsdiskussion angesprochen worden, was als nicht ausreichend empfunden wurde. Nicht überall wird zwischen Erwerbs- und Reproduktionsarbeit unterscheiden, sondern es gibt andere Wirtschaftsformen wie zum Beispiel die Subsistenzwirtschaft. Wenn schon global gedacht werden soll, dann müsse dies unter anderen Voraussetzungen geschehen. In so fern sei zu prüfen, wer für wen mit welchem Anspruch Lösungen produziert.
Des Weiteren fiel auf, dass Ansätze von Schwarzen Theoretikerinnen und Theoretikerinnen of Color oder feministische Literatur von Schwarzen Frauen und Frauen of Color nicht ins Tagungskonzept einbezogen oder vorgestellt wurden. Die Auslassung dieser Theorien mitsamt ihrer gegebenenfalls bereits erarbeiteten Lösungsansätze wirke sich auch als Ausschluss auf potentielle Schwarze Teilnehmende und Teilnehmende of Color aus. Wie schon an anderer Stelle wurde beobachtet, dass die Veranstaltung ein nahezu weißer Raum war. Hierzu sagte ein Mitglied von RESPECT (eine lateinamerikanisch-deutsche Frauengruppe, die sich für die Rechte von Migrantinnen in der bezahlten Sorgearbeit einsetzt), dass sie mit ihrer Gruppe zwar häufig zur Repräsentation der „Migrant_innenperspektive“ zu Tagungen eingeladen, aber nie in Hinblick auf deren Konzeption konsultiert würde. Im Anschluss daran wurde festgestellt, dass Eurozentrismus das Mittel zum Eingrenzen eines Arbeitsfeldes sein kann, wenn das auch klar markiert wird. Ansonsten wird es unmarkiert als Universalismus gesetzt, was Ausschlüsse nach sich zieht. So wird ausgeblendet, dass es in Deutschland Schwarze Menschen und Menschen of Color gibt, deren Lebenserfahrungen und Perspektiven im hiesigen Wirtschaftsystem sich von denen der weißen Mehrheitsgesellschaft unterscheiden. Im gleichen Prozess fänden diese ihre Belange auf einer Tagung wie „Schneewittchen rechnet ab“ nicht wieder, was dazu führt, dass sie nicht daran teilnehmen.
Nach der Analyse der Situation wurden konkrete Lösungsvorschläge für ein zukünftiges Vorgehen gemacht. Als Grund für die Ausschlussproduktion der Tagung wurde mangelnder Dialog und mangelnde Vernetzung benannt. Im Hinblick auf die große Zahl von divers organisierten Frauengruppen, die es in Berlin gibt, äußerte sich eine Teilnehmerin erstaunt darüber, dass das nicht funktioniere und fragte: „Wenn nicht hier, wo dann?“ Für eine zukünftige Planungskonzeption müsse eine aktive Vernetzung mit Schwarzen Frauengruppen und Frauengruppen of Color wie GLADT, LesMigraS, ADEFRA und Netzwerken wie „Diskriminierungsfreie Szenen für alle!“ angestrebt werden. Als weiterer Punkt wurde die Kommunikationspraxis der Veranstaltenden angedacht. Diese müsse inklusiver gestaltet werden, um nicht von vornherein Ausschlüsse nach außen zu kommunizieren.
Ich als Beobachtende fand es bemerkenswert, dass die systemimmanente Kritik am Setting der Tagung im Rahmen selbiger als Manko erkannt und durch den Input der Teilnehmenden mögliche Lösungswege aufgezeigt werden konnten. Es bleibt zu hoffen, dass eine zukünftig Tagung zur feministischen Ökonomie inklusiver konzeptioniert wird. Nur so können alternative Lebensmodelle abseits der Mainstream-Ökonomie für alle gesellschaftlichen Gruppen aufzeigt und erarbeitet werden.
Sonntag, 11. November 2012
Im Open Space: (De)koloniales Setting und feministisches Selbstverständnis
Geschrieben von Franca M'hamdi
in Feminismus
um
21:19
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Tags für diesen Artikel: ausschlussproduktion, feminismus, open space, schneewittchen rechnet ab, standpunktreflektion, tagungskonzeption, wirtschaftssystem
Was kann feministische Ökonomie leisten?
Bericht von der Tagung „Schneewittchen rechnet ab. Feministische Ökonomie
für anderes Leben, Arbeiten und Produzieren“ von Franca M'hamdi
Auf der Podiumsdiskussion im Nachmittagsblock „Alternativen & Utopien“ stellten die Soziologin Dr. Christa Wichterich, die Volkswirtin Dr. Friederike Habermann und die Politologin Christine Rudolf ihre unterschiedlichen Auffassungen von feministischer Ökonomie als Konzept und Strategie zur Diskussion.
Für Christa Wichterich ist feministische Ökonomie ein Ansatz, der das Ganze der Ökonomie in den Blick nimmt. Sowohl die Produktivität der Natur als auch die Sorgearbeit sollen als Produktionsfaktoren anerkannt werden. Da soziales Geschlecht durch Ökonomie produziert
und diese wiederum von Geschlechterverhältnissen geprägt ist, sollen Ungleichheitsmomente als Prozess in der Ökonomie erkannt werden. Das Ziel ist, sowohl die einzelnen Atkeur_innen wie auch übergreifende Machtstrukturen im globalen Kontext sichtbar zu machen. Hierbei steht die Logik von Versorgung und sozialer Reproduktion im Vordergrund, anhand derer Kritik an der kapitalistischen Verwertungslogik geübt wird. Wichterich betont, dass die feministische Ökonomie kein abstraktes Analyseinstrument ist. Sie sei eine Strategie, mit der Konflikte in als nicht
system-relevant gewerteten Bereichen aufgefangen und mit der Möglichkeiten zur Veränderung der Mainstream-Ökonomie aufgezeigt werden können. Als Beispiel hierfür nennt sie die Unterstützung und Sichtbarmachung der Arbeitskämpfe von Hebammen und Kita-Angestellten. Als wissenschaftliches Konzept sei feministische Ökonomie in so fern wichtig, als sie der neo-klassischen Ökonomie, also dem hegemonialen Konzept an Universitäten, eine wissenschaftliche Alternative entgegensetzt.
Für Friederike Habermann ist feministische Ökonomie ebenfalls ein anti-hegemonialer Ansatz, der Schwerpunkt liegt für sie auf der
Sichtbarmachung von Inklusions- und Exklusionsmechanismen. Das primäre Ziel ist die Erlangung von Herrschaftsfreiheit, wobei der globale Kontext mit gedacht werden muss. Konkret verhandelt sie dies am Beispiel von Frauen* im globalen Norden, deren Karrieren teilweise dadurch ermöglicht werden, dass migrantisierte Frauen* ihre Sorgearbeit übernehmen. Sie fragt, wo denn global gesehen der Mehrgewinn sei, wenn diese dafür ihre eigenen Kinder im Heimatland lassen müssen. Für Habermann steht fest, dass die kontemporäre Realpolitik so viele Folgekatastrophen nach zieht, dass die Mainstream-Ökonomie als gescheitert bezeichnet werden muss. Die Lösung sieht sie in alternativen Ansätzen, die sich im Alltag entfalten müssen. Die feministische Ökonomie soll Lebensweisen aufzeigen, die alternative Identifikationspunkte schaffen. Diese sind mangels Vorgesehenheit im liberalen Karrieremodell, dass den weißen Mittelstandsmann als Idealtypus setzt, in der Regel weder benennbar noch greifbar.
In Abgrenzung zu Wichterich und Habermann stellt Christine Rudolf die Eignung von feministischer Ökonomie als Ansatz und Strategie in Frage. Da diese die Mainstream-Ökonomie als Ausgangspunkt nimmt,unterwirft sie sich auch den Marktmechanismen dieses Modells. Rudolf plädiert für einen weniger wissenschaftlichen Ansatz, der von den in der Praxis Betroffenen ausgeht. Diesen sollte es freigestellt sein, ob und wie sie in den als Krise definiertem Jetzt-Zustand des bestehenden Systems hineingehen wollen. Konkret schlägt sie vor, ein Instrument wie Gender Budgeting (öffentliche Gelder, die geschlechtergerecht verteilt werden sollen) den Bedürfnissen entsprechend zu verteilen. Sie setzt auf Strategien wie Betroffenenbefragungen, um vorgegebene Einteilungen wie Privatheit und Parteipolitik zu überwinden. Daran verhandelt sie auch die Begrenztheit von alternativen Modellen im Alltag. Gerade beim Instrumentarium Gender Budgeting sei Berlin das einzige Bundesland, in dem Bürgerinitiativen überhaupt involviert seien.
Im Anschluss an die Diskussion blieb Platz für Fragen. Einer Teilnehmerin war der Begriff Gender Budgeting nicht klar geworden. Dieser wurde am Beispiel des Betreuungsgeldes als Konzept erläutert, dass die konkreten Auswirkungen auf soziale Rollen in die Verteilungspraxis von Geldern mit einbezieht. So hat zum Beispiel die Einführung des Betreuungsgeldes den Effekt, dass in Zukunft mehr Frauen* zur Betreuung ihrer Kinder zu hause bleiben. Die von einer Teilnehmerin geäußerte Ambivalenz in Sachen Solidarisierung mit Projekten und/oder Gruppen wurde mit dem Hinweis auf die genaue Reflektion dessen beantwortet, mit wem, zu welchem Zweck und mit welchem Ziel für was gekämpft werden soll. Wie schon beim Vortrag „Gutes Leben jenseits des Wachstums – Entwürfe und Kritik feministischer Ökonomik“ am Vormittag blieb auch bei der Podiumsdiskussion „Was kann feministische Ökonomie leisten?“ verhältnismäßig wenig Raum für Publikumsfragen. Insgesamt konnten nur diese beiden verhandelt werden, was von den Teilnehmenden bedauert wurde.
Am wichtigsten fand ich persönlich die konzeptionelle Kritik, die feministische Ökonomie als ausreichende Strategie zum Erreichen von Herrschaftsfreiheit in Frage stellt. Für mich war auffällig, dass im Verlauf der Tagung das Wirtschaftssystem, zu dem Alternativen aufgezeigt werden sollen, an keiner Stelle als westlich zentriertes markiert war. So entstand der Eindruck einer universellen Gültigkeit, wobei außer Acht gelassen wird, dass zum Beispiel die kritisierte Trennung von Erwerbs- und Reproduktionsarbeit durchaus nicht in allen Teilen der Welt besteht. Für mich als Beobachtende stellte sich im Anschluss daran die Frage, wie strategisch erreicht werden kann, eine Tagung wie „Schneewitchen rechnet ab“ sowohl im Hinblick auf die eigene Positioniertheit als auch auf die Teilnehmenden inklusiver zu gestalten. Bei der Betonung vom feministischer Ökonomie als Strategie, die "Inklusions- und Exklusionsmechanismen aufzeigen und Kritik an der Fokussierung des Karrieremodells auf den weißen Mittelstandmann üben will" (Habermann), war es doch auffällig, dass außer zwei Dokumentierenden und einer Workshop-Veranstaltenden keine Frauen* of Color im Publikum oder unter den Expert_innen zu finden waren. Dieser Punkt wurde in der folgenden Veranstaltung im Open Space nochmals aufgegriffen, um in selbst organisierter Gruppenarbeit nach Lösungsansätzen dafür zu suchen.
für anderes Leben, Arbeiten und Produzieren“ von Franca M'hamdi
Auf der Podiumsdiskussion im Nachmittagsblock „Alternativen & Utopien“ stellten die Soziologin Dr. Christa Wichterich, die Volkswirtin Dr. Friederike Habermann und die Politologin Christine Rudolf ihre unterschiedlichen Auffassungen von feministischer Ökonomie als Konzept und Strategie zur Diskussion.
Für Christa Wichterich ist feministische Ökonomie ein Ansatz, der das Ganze der Ökonomie in den Blick nimmt. Sowohl die Produktivität der Natur als auch die Sorgearbeit sollen als Produktionsfaktoren anerkannt werden. Da soziales Geschlecht durch Ökonomie produziert
und diese wiederum von Geschlechterverhältnissen geprägt ist, sollen Ungleichheitsmomente als Prozess in der Ökonomie erkannt werden. Das Ziel ist, sowohl die einzelnen Atkeur_innen wie auch übergreifende Machtstrukturen im globalen Kontext sichtbar zu machen. Hierbei steht die Logik von Versorgung und sozialer Reproduktion im Vordergrund, anhand derer Kritik an der kapitalistischen Verwertungslogik geübt wird. Wichterich betont, dass die feministische Ökonomie kein abstraktes Analyseinstrument ist. Sie sei eine Strategie, mit der Konflikte in als nicht
system-relevant gewerteten Bereichen aufgefangen und mit der Möglichkeiten zur Veränderung der Mainstream-Ökonomie aufgezeigt werden können. Als Beispiel hierfür nennt sie die Unterstützung und Sichtbarmachung der Arbeitskämpfe von Hebammen und Kita-Angestellten. Als wissenschaftliches Konzept sei feministische Ökonomie in so fern wichtig, als sie der neo-klassischen Ökonomie, also dem hegemonialen Konzept an Universitäten, eine wissenschaftliche Alternative entgegensetzt.
Für Friederike Habermann ist feministische Ökonomie ebenfalls ein anti-hegemonialer Ansatz, der Schwerpunkt liegt für sie auf der
Sichtbarmachung von Inklusions- und Exklusionsmechanismen. Das primäre Ziel ist die Erlangung von Herrschaftsfreiheit, wobei der globale Kontext mit gedacht werden muss. Konkret verhandelt sie dies am Beispiel von Frauen* im globalen Norden, deren Karrieren teilweise dadurch ermöglicht werden, dass migrantisierte Frauen* ihre Sorgearbeit übernehmen. Sie fragt, wo denn global gesehen der Mehrgewinn sei, wenn diese dafür ihre eigenen Kinder im Heimatland lassen müssen. Für Habermann steht fest, dass die kontemporäre Realpolitik so viele Folgekatastrophen nach zieht, dass die Mainstream-Ökonomie als gescheitert bezeichnet werden muss. Die Lösung sieht sie in alternativen Ansätzen, die sich im Alltag entfalten müssen. Die feministische Ökonomie soll Lebensweisen aufzeigen, die alternative Identifikationspunkte schaffen. Diese sind mangels Vorgesehenheit im liberalen Karrieremodell, dass den weißen Mittelstandsmann als Idealtypus setzt, in der Regel weder benennbar noch greifbar.
In Abgrenzung zu Wichterich und Habermann stellt Christine Rudolf die Eignung von feministischer Ökonomie als Ansatz und Strategie in Frage. Da diese die Mainstream-Ökonomie als Ausgangspunkt nimmt,unterwirft sie sich auch den Marktmechanismen dieses Modells. Rudolf plädiert für einen weniger wissenschaftlichen Ansatz, der von den in der Praxis Betroffenen ausgeht. Diesen sollte es freigestellt sein, ob und wie sie in den als Krise definiertem Jetzt-Zustand des bestehenden Systems hineingehen wollen. Konkret schlägt sie vor, ein Instrument wie Gender Budgeting (öffentliche Gelder, die geschlechtergerecht verteilt werden sollen) den Bedürfnissen entsprechend zu verteilen. Sie setzt auf Strategien wie Betroffenenbefragungen, um vorgegebene Einteilungen wie Privatheit und Parteipolitik zu überwinden. Daran verhandelt sie auch die Begrenztheit von alternativen Modellen im Alltag. Gerade beim Instrumentarium Gender Budgeting sei Berlin das einzige Bundesland, in dem Bürgerinitiativen überhaupt involviert seien.
Im Anschluss an die Diskussion blieb Platz für Fragen. Einer Teilnehmerin war der Begriff Gender Budgeting nicht klar geworden. Dieser wurde am Beispiel des Betreuungsgeldes als Konzept erläutert, dass die konkreten Auswirkungen auf soziale Rollen in die Verteilungspraxis von Geldern mit einbezieht. So hat zum Beispiel die Einführung des Betreuungsgeldes den Effekt, dass in Zukunft mehr Frauen* zur Betreuung ihrer Kinder zu hause bleiben. Die von einer Teilnehmerin geäußerte Ambivalenz in Sachen Solidarisierung mit Projekten und/oder Gruppen wurde mit dem Hinweis auf die genaue Reflektion dessen beantwortet, mit wem, zu welchem Zweck und mit welchem Ziel für was gekämpft werden soll. Wie schon beim Vortrag „Gutes Leben jenseits des Wachstums – Entwürfe und Kritik feministischer Ökonomik“ am Vormittag blieb auch bei der Podiumsdiskussion „Was kann feministische Ökonomie leisten?“ verhältnismäßig wenig Raum für Publikumsfragen. Insgesamt konnten nur diese beiden verhandelt werden, was von den Teilnehmenden bedauert wurde.
Am wichtigsten fand ich persönlich die konzeptionelle Kritik, die feministische Ökonomie als ausreichende Strategie zum Erreichen von Herrschaftsfreiheit in Frage stellt. Für mich war auffällig, dass im Verlauf der Tagung das Wirtschaftssystem, zu dem Alternativen aufgezeigt werden sollen, an keiner Stelle als westlich zentriertes markiert war. So entstand der Eindruck einer universellen Gültigkeit, wobei außer Acht gelassen wird, dass zum Beispiel die kritisierte Trennung von Erwerbs- und Reproduktionsarbeit durchaus nicht in allen Teilen der Welt besteht. Für mich als Beobachtende stellte sich im Anschluss daran die Frage, wie strategisch erreicht werden kann, eine Tagung wie „Schneewitchen rechnet ab“ sowohl im Hinblick auf die eigene Positioniertheit als auch auf die Teilnehmenden inklusiver zu gestalten. Bei der Betonung vom feministischer Ökonomie als Strategie, die "Inklusions- und Exklusionsmechanismen aufzeigen und Kritik an der Fokussierung des Karrieremodells auf den weißen Mittelstandmann üben will" (Habermann), war es doch auffällig, dass außer zwei Dokumentierenden und einer Workshop-Veranstaltenden keine Frauen* of Color im Publikum oder unter den Expert_innen zu finden waren. Dieser Punkt wurde in der folgenden Veranstaltung im Open Space nochmals aufgegriffen, um in selbst organisierter Gruppenarbeit nach Lösungsansätzen dafür zu suchen.
Geschrieben von Franca M'hamdi
in Feminismus
um
18:55
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